
Ende April begaben meine Freundin und ich uns auf zweieinhalbwöchige Reise nach Italien, statt einem Road ein Rail Trip, also mit dem Zug, durch die größeren Städte des Landes. So begann unsere Reise in Venedig und führte weiter nach Bologna, Florenz, Rom, Neapel und, für eine Nacht, nach Mailand, von wo aus wir dann wieder nach Hause fuhren.
Neben vielen entstandenen Urlaubsfotos, inspirierte die Reise mich außerdem zu einer (bisher?) fünfteiligen Illustrationsserie, die einen persönlichen und (hoffentlich) humorvollen Blick auf die besuchten Örtlichkeiten wirft. Nicht frei von einer verklärten und liebevollen Überzeichnung, aber hoffentlich ohne den üblichen Touristenkitsch und Stereotype zu reproduzieren.
Erste Ideen im Skizzenbuch hielt ich schon während der Reise fest, genaueres aber erst nach der Rückkehr, als die Eindrücke sich schon etwas setzen konnten.


Für den Stil der Illustrationen wollte ich einen etwas anderen Weg gehen als üblich und ließ mich vom vielleicht Größten aller Reise- und Fernwehillustratoren, Miroslav Šašek, sowie der mit ihrer Konzeptkunst für Disney berühmt gewordenen Mary Blair inspirieren und deren oft eher malerischem Stil. In echtem Gouache sind die Illustrationen jedoch nicht entstanden, sondern nach einer analogen Vorzeichnung auf Papier am iPad.

Rom

Über die ewige Stadt muss man nicht mehr viele Worte verlieren, deswegen bleibt mir nur zu sagen: In Rom lässt es sich gut essen. Das wiederum kann man zwar eigentlich von jeder italienischen Stadt sagen, aber welche andere Stadt kann schon die Carbonara für sich beanspruchen? In Rom isst es sich entweder besonders gut in altehrwürdigen Institutionen wie dem Ristorante Nino, nahe der spanischen Treppe oder dem La Matriciana, gegenüber der Oper oder aber in kleinen bodenständigeren Trattorien, die sich beinahe in jeder Gasse befinden. Egal wo, die Klassiker der römischen Küche, neben Carbonara und Cacio e Pepe, sind das die Amatriciana (Tomatensoße mit Guanciale), Puntarelle alla romana (ein bitterer Salat mit Sardellendressing) sowie die allgegenwärtige Artischocke, alla guidia (frittiert) oder alla romana (geschmort), sind ebenso ewig wie die Überbleibsel des römischen Reichs und, wie man so schön sagt, immer eine Reise wert.



Bologna

Auch in Bologna spielt Essen eine große Rolle, ist es nicht zuletzt die Hauptstadt der Emilia-Romagna, dem kulinarischen Zentrum Italiens. Aus der Gegend kommen nicht nur Balsamico, Lambrusco und die vielleicht wichtigste aller italienischen Zutaten, der Parmigiano Reggiano, sondern auch Tortellini, Lasagne und Ragù alla bolognese. Und so ist das Stadtbild nicht nur von der prachtvollen Architektur, sondern auch seinen unzähligen Restaurants, Bars und Feinkostgeschäften geprägt. Und die Feinkostgeschäfte wiederum von der Allgegenwärtigkeit der berühmtesten aller Bologneser Spezialitäten: Der Mortadella.

Florenz

In der Kunsthauptstadt Italiens stachen mir als erstes die vielen altmodischen Werbe-Schriftzüge ins Auge, die in dieser, sowohl in der Gegenwart wie Vergangenheit, sehr touristischen Stadt wahrscheinlich die Aufmerksamkeit hungriger, durstiger oder müder Reisender auf sich ziehen sollten. Irrt man durch die wunderschönen historischen Gassen der Florentiner Innenstadt, könnte man meinen die Restaurants, Bars, Hotels und Herbergen befinden sich in einem stillen Duell um die Gunst der Touristen.
Altmodische Typografie ist auf Italienreisen immer ein Highlight für mich, in einer Vielzahl und einem Abwechlungsreichtum wie in Florenz, hatte ich sie vorher aber noch nie erlebt. Hier hat beinahe jedes Hotel, jedes Lokal und jede Dienstleistung einen Leuchtkasten oder ihren Namenszug in Neon an der Fassade angebracht. Die Magie entwickelt sich dann natürlich zur Abendzeit, wenn die Schriftzüge zu leuchten beginnen. Da können die Uffizien (zumal ohne eigenes Leuchtschild) einpacken…





Neapel

Neapel hat nicht nur die Küche Italiens, sondern die der ganzen Welt um eine Erfindung reicher gemacht: Die Pizza, die wir vor Ort vorbildlich nahezu täglich verspeist haben. Jedoch wollte ich keine weitere Illustration zu einem Essensthema anfertigen. Worüber aber dann? Neapel ist keine Stadt, der es an Eindrücken und Charakter mangelt, was das Konzentrieren auf ein einzelnes Thema erstmal relativ schwierig gemacht hat.
Natürlich ist einem der halsbrecherische Verkehr allgegenwärtig, eine genauere Idee, was damit anzufangen, kam jedoch erst beim spontanen Besuch der neapolitanischen Dependence der Gallerie d’Italia, einem Kunstmuseum, in das uns ein heftiger Regenschauer führte. Dort waren unter anderem einige griechische Vasen ausgestellt. Ob es sich hier um echte archäologische Fundstücke handelt, oder Nachbildungen aus dem 18. Jahrhundert, als der Stil der Antike mit der Entdeckung der nahe Neapel gelegenen Städte Pompeji und Herculaneum wieder sehr im Trend lag, ist mir nicht bekannt. In jedem Fall gefiel mir aber der Gedanke, den sehr grafischen Stil der in schwarz gehaltenen Zeichnungen auf dem braunen Tongrund als modernes neapolitanisches Motiv zu adaptieren.



Venedig

Zu Beginn unserer Reise erfüllten wir uns einen kleinen Traum, eine Nacht im Grand Hotel Excelsior auf dem Lido di Venezia. Nur wenige Minuten vom Palazzo del Cinema, dem Austragungsort der Filmfestspiele von Venedig, gelegen und 1907 in einem fantastischen orientalischen Stil erbaut, atmet man hier die Luft vergangener, glamouröserer Tage. Bei so viel Atmosphäre, sowie einem eigenen Shuttleboot zum Markusplatz, lassen sich auch die empörten deutschen Touristen am Nebentisch gut ignorieren, an deren Namen sich das Personal im Frühstücksraum, trotz mehrtägigem Aufenthalt, leider nicht mehr erinnern konnte. Zurück auf dem Zimmer scheint die Zeit ebenfalls auf bestmögliche Weise still zu stehen, auf störende Modernität wird nämlich auch hier weitestgehend verzichtet. Nächtlichen Geisterbesuch hatten wir zwar keinen, dafür wurden wir jedoch von einer besonders durstigen Stechmücke heimgesucht. Aber nichtmal die konnte die Erhabenheit des Luxushotels stören.


Italien ist ein Land, das mich weiterhin kaum loslässt. Nachdem ich im Januar diesen Jahres meinen Comic Grand Tour, über eine Reise nach Italien, fertiggestellt hatte, dachte ich, zumindest im zeichnerischen Sinn, vorerst ein bisschen mit dem Land abgeschlossen zu haben. Nach dieser weiteren Reise zeigte sich aber, dass dieser Gedanke (natürlich) großer Quatsch war.
Als Urlauber lassen sich die Probleme eines Landes oft nur schwer erkennen, im Gegenteil, sie lassen sich sogar sehr gut übersehen oder, im schlimmsten Fall, trägt man sogar aktiv zu ihnen bei. Ich versuche, den Blick nicht zu sehr zu verklären, bin mir aber bewusst, vor allem die schönen Dinge zum thematisieren mit denen man als kurzzeitiger Besucher eher Berührungspunkte hat. Und für Besuchende ist Italien nach wie vor eins der schönsten, kulturell und kulinarisch interessantesten Länder, das man bereisen kann. Auch das gilt es zu würdigen.

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